Rechtsstreit auf hoher See

Zwischen der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrt und den andern Schifffahrtsbetrieben am See gehen die Wogen hoch. Auslöser des Konflikts ist die neue Linie zwischen Altnau und Hagnau. Es gibt keinen gemeinsamen Fahrplan mehr.

Schon einmal war das Verhältnis zwischen der deutschen Bodensee-Schiffsbetriebe GmbH (BSB) und der Schweizerischen Bodensee-Schiffahrtsgesellschaft AG (SBS) angespannt. 2006 wollte das Schiffsunternehmen im Besitz der Stadt Konstanz die SBS kaufen. Doch nach geharnischten Reaktionen aus der Schweiz verkauften die SBB die Schweizer Firma an eine schweizerisch-österreichische Unternehmergruppe um den Thurgauer Hermann Hess.

Seither haben sich die Wogen geglättet, alle Schifffahrtsbetriebe arbeiten zusammen und wollen den Werft-Betrieb koordinieren. Doch seit dem Sommer trübt ein neuer Streitpunkt die Beziehungen zwischen der SBS und den andern Schiffsbetrieben, wie SBS-Verwaltungsratspräsident Hess auf Anfrage bestätigt. Grund dafür ist die neue seequerende Verbindung zwischen Altnau und Hagnau, die die SBS im Auftrag der zwei Gemeinden und des Kantons Thurgau seit 2011 betreibt.

Neue Linie ohne Absprache

Die SBS nahmen die neue Verbindung in Betrieb, ohne dies zuvor mit den drei anderen Schifffahrts-Unternehmen am See – neben der BSB die Vorarlberg Lines und die Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein – abzusprechen. Dies war aber bislang zwischen den Partnern der Vereinigten Schifffahrtsunternehmen für Bodensee und Rhein (VSU) der Fall, wie ihr Vorsitzender, der BSB-Geschäftsführer Jörg Handreke betont. Jede internationale Verbindung sei gemeinsam beschlossen worden. Mit sechs Monaten sei der Schifffahrtsbetrieb am Bodensee zu kurz, um rentabel betrieben zu werden. Umso wichtiger sei die Zusammenarbeit zwischen den Partnern, die ihre Verbindungen koordiniert und einen gemeinsamen Fahrplan veröffentlicht hätten. «Diesen Konsens stellt die SBS in Frage.»

Anderer Ansicht ist Hess. Die SBS habe die neue Linie aufgenommen, nachdem sie die BSB nicht habe betreiben wollen. «Rechtlich besteht ohnehin kein Anspruch auf Absprachen.» Die freie Schifffahrt sei am Bodensee garantiert, die Firmen könnten neue Linien ohne Zustimmung der anderen Unternehmen führen. Hess ist denn auch nicht bereit, bei künftigen Fahrplanänderungen vorgängig das grüne Licht der VSU einzuholen. Neue Verbindungen müssten im Interesse der Kunden möglich sein. Dagegen habe die VSU nichts einzuwenden, sagt Handreke. Mit ihrem Alleingang untergrabe die SBS aber den Konsens am See. Rechtlich sei der Grundsatz der freien Schifffahrt zumindest umstritten.

Kein gemeinsamer Fahrplan

Eine Folge hat der Streit bereits: Den gemeinsamen Fahrplan wird es in diesem Sommer entgegen dem Wunsch der SBS nicht geben, die VSU-Betriebe geben erstmals wieder einzelne Fahrpläne heraus. «Wir bedauern das, das ist nicht im Interesse der Kunden», räumt Handreke ein. Er wie Hess betonen aber, dass eine Lösung nicht in Sicht ist. Handreke will aber noch im Frühjahr alle Unternehmen einladen, um einen Ausweg zu finden. Auch der Kanton hat sich eingeschaltet.

An der Verbindung von Altnau nach Hagnau wird sich jedenfalls nichts ändern: «Wir betreiben sie weiter», sagt Hess. Und auch der Altnauer Gemeindeammann Beat Pretali lobt die neue Linie, die den See an drei Tagen pro Woche überquert. Nachfrage und Echo seien sehr positiv.

(Marc Haltiner/St. Galler Tagblatt v. 05.01.12)

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