Großer Fisch schluckt kleinen Fisch: 
Mainaufahrt wieder fest in Händen der BSB

Die Bodensee Schiffsbetriebe GmbH ist auf einer der attraktivsten Verbindungen auf dem Bodensee einen Konkurrenten los. Private Schifffahrt, betonen die Verantwortlichen, sei aber nach wie vor möglich. Dennoch werden Erinnerungen an den „Seekrieg“ aus den 80-er Jahren wach.

Von den Passagieren noch kaum wahrgenommen, hat sich auf dem Bodensee vor Uhldingen ein kleiner, aber möglicherweise bedeutsamer Wechsel vollzogen: Die Firma Seeflair, Betreiber des Motorschiffs „Stadt Konstanz“, gibt es am Markt nicht mehr. Sie wurde aufgekauft vom großen Konkurrenten, der Bodensee Schiffsbetriebe GmbH (BSB). Der Verkauf des kleinen privaten Betriebs war das Ende eines teilweise mit juristischen Mitteln ausgefochtenen Konkurrenzkampfes.

Die Vertragsparteien vereinbarten „Stillschweigen“ über den Verkaufspreis. Worüber Kundige sich nicht wundern. Denn der Preis sei ungewöhnlich hoch für ein altersschwaches Schiff, das die BSB in dem vorgefundenen Zustand kaum nutzen kann. Vielmehr sei es wohl vor allem darum gegangen, so informierte Kreise, einen Konkurrenten auf einer der attraktivsten Verbindungen auf dem Bodensee auszuschalten. Dem SÜDKURIER liegen Unterlagen vor, wonach der Kaufpreis 310 000 Euro betrug – für Schiff und Unternehmen. Das, heißt es, demonstriere die Marktmacht der BSB.

Die BSB hat vorgesorgt: Winfried Fritzsch, bisheriger Eigentümer der Firma Seeflair, hat die Möglichkeit, erneut mit einem Unternehmen am Hafen von Uhldingen aufzutauchen, mit verkauft. Denn den Unterlagen, die dem SÜDKURIER vorliegen, ist zu entnehmen, dass für ihn im Kaufvertrag ein sehr weit gehendes Wettbewerbsverbot verankert wurde.

Es geht um nicht weniger als eine der attraktivsten Verbindungen auf dem Bodensee: zwischen den Pfahlbauten und der Blumeninsel. Eigentlich eine öffentliche Linie, die theoretisch von jedem Betrieb angefahren werden könnte. Beide Häfen zählen zu den Top-Ten der meistbesuchten Destinationen am See. Doch möglichen neuen Konkurrenten wird es nicht unbedingt leichter gemacht, in diese Strecke vorzudringen. Denn die Gemeinde Uhldingen hat Liegeplatz 3, wo öffentlicher Schiffsverkehr stattfinden kann, an die BSB verpachtet.

Ob das rechtens ist? fragen Kenner der Szene kritisch. Ein Blick ins Zeitungsarchiv zeigt, dass es das Verwaltungsgericht Sigmaringen im Jahr 1984 der Gemeinde Uhldingen untersagte, selbst zu bestimmen, wer in den Hafen einfahren darf und wer nicht. Der Prozess wurde seinerzeit unter dem Begriff „Seekrieg“ geführt.

Der aktuelle Fall, sagt das Landratsamt in einer vorläufigen Einschätzung, sei mit dem „Seekrieg“ wohl eher nicht vergleichbar, da mit der Verpachtung von Liegeplatz 3 „nicht der Zugang zum Hafen pauschal unterbunden ist“, so Robert Schwarz, Pressesprecher der Behörde. Das sieht auch Edgar Lamm, Bürgermeister von Uhldingen-Mühlhofen, so. Der Prozess aus den 80er Jahren sei ihm nicht bekannt. Er betone aber, „dass private Schiffsbetreiber – wie bisher – am Liegeplatz Nr. 3 zum Ein- und Aussteigen anlegen können, nach vorheriger Anmeldung, so wie es rund um den See gehandhabt wird“.

Also alles im grünen Bereich? Kenner der Schifffahrtszene fragen sich, welchen Sinn es für die BSB überhaupt macht, Pacht für einen Liegeplatz zu bezahlen, wenn er doch öffentlich ist? BSB-Geschäftsführer Konrad Frommer antwortete auf SÜDKURIER-Anfrage, dass Liegeplatz 3 der BSB „zur allgemeinen Nutzung“ überlassen worden sei. Die BSB hätten dadurch ein „Liegerecht“, andere Unternehmen ein „Anfahrtsrecht“. Und Frommer betont: „An der bisherigen Praxis ändert sich nichts: Jedes Unternehmen kann nach vorheriger Absprache in Unteruhldingen anlanden.“ Wobei Frommer auch mitteilt, dass die Einfahrt anderer Schiffe auf den Kursbetrieb der BSB, der wetterunabhängig geleistet wird, „Rücksicht zu nehmen hat“.

Rücksicht nehmen auf den Betrieb der BSB, mit ihr kooperieren: Kleine Schiffsbetriebe, die sich darauf einlassen, fahren dem Vernehmen nach gut mit dem großen Konkurrenten. Dagegen stellen Beobachter aus Uhldingen die Frage, was im Sinne des Kunden sei? Sie würden nun genau beobachten, wie sich das Angebot fortan entwickelt.

BSB-Chef: „Wir wünschen uns ein Miteinander“

Konrad Frommer, Geschäftsführer Bodensee-Schiffsbetriebe GmbH, betont, dass auch auf dem Bodensee das Prinzip der Marktwirtschaft gelte. Nach der Übernahme der Firma „Seeflair“ und der Pacht der MS Montafon sei die Zuverlässigkeit der BSB im Kursverkehr gestiegen.

Konrad Frommer, Geschäftsführer Bodensee-Schiffsbetriebe GmbH, betont, dass auch auf dem Bodensee das Prinzip der freien Marktwirtschaft gelte:

Nach Übernahme der Firma Seeflair: Inwiefern wird sich das Angebot für die Kunden verändern?

Die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) werden wie bisher ihre Kursfahrten über die Landestelle Unteruhldingen fortsetzen. Das existierende Angebot der BSB wird von bedarfsgerechten Zusatzfahrten zur Insel Mainau ergänzt. Zudem werden Rundfahrten im Bereich Überlinger See und Obersee angeboten. Ziel ist es, das bestehende Angebot zu verbessern.

Was versprechen sich die BSB von der Übernahme der Firma Seeflair?

Die Firma „Seeflair“ hat vorwiegend Fahrgäste zwischen Unteruhldingen und der Mainau befördert. Genau diesen Bedarf deckt die BSB durch ihr umfassendes Kursangebot ab. Durch Zusatzfahrten, Rund- und Charterfahrten werden wir vom Hafen Unteruhldingen aus das Schifffahrtsangebot ausbauen.

Welche neuen Aktivitäten sind von Seiten der BSB im Bereich Überlinger See geplant, zumal mit der Möglichkeit, die MS Montafon mit nutzen zu können?

Mit den beiden kleineren Schiffen MS Konstanz und MS Montafon stehen uns nunmehr kleinere Schiffe zur Verfügung, die neben den bereits erwähnten Zusatzangeboten auch als Ersatz für Linienschiffe zur Verfügung stehen. Das steigert unsere Zuverlässigkeit im Kursverkehr. Zudem sind wir offen gegenüber neuen Aktivitäten im Bereich des Überlinger Sees und des Obersees, sofern sich diese wirtschaftlich gestalten lassen.

Was unternimmt die BSB, um Wettbewerber vom Hafen Uhldingen fernzuhalten?

Die BSB möchten mit einem guten Angebot überzeugen und kooperieren dabei auch mit privaten Schifffahrtsunternehmen. Wir fahren also keineswegs in Konkurrenz zueinander, sondern streben an, bestehende Angebotslücken zu schließen.

Wenn ein Unternehmen analog zur Firma Seeflair eine Kurslinie Uhldingen-Mainau wieder aufbauen würde, stünde dem etwas entgegen?

Bisher kam noch niemand mit diesem Ansinnen auf uns zu. Gegebenenfalls führen wir gerne offene Gespräche.

Wie bewerten Sie die Entwicklung auf der deutschen Bodenseeseite in den vergangenen Jahrzehnten? Stimmen Sie der Beobachtung zu, dass von Lindau bis Uhldingen immer mehr private Anbieter verschwunden sind - bis auf ein paar wenige Betriebe im Bereich der Rundfahrten - und praktisch nur noch die BSB vorhanden ist, insbesondere im Linienverkehr?

Dieser Aussage stimmen die Bodensee Schiffsbetriebe nicht zu. Es gibt mehrere private Anbieter, mit denen die BSB in aller Regel partnerschaftlich zusammenarbeiten. Auch bei der Bodenseeschifffahrt herrscht im Übrigen das Prinzip der freien Marktwirtschaft, jedoch wünschen sich die BSB ein Miteinander und kein Gegeneinander mit privaten Schifffahrtsbetrieben. An Kooperationen mit privaten Unternehmen sind die BSB durchaus interessiert. Denn davon versprechen wir uns eine optimale Bedarfsabdeckung auf dem See, die noch längst nicht überall gegeben ist. Darüber hinaus liegt bei der BSB innerhalb der Vereinigten Schifffahrtsunternehmen für den Bodensee und Rhein (VSU) die so genannte Kursnetz-Kompetenz.
Die BSB können einen wetterunabhängigen Fahrplan anbieten. Hierbei entstehen naturgemäß auch Verluste, die wirtschaftlich ausgeglichen werden müssen. Bekanntlich erhält die deutsche Schifffahrt, im Gegensatz zur Schweizerischen Schifffahrt, keine öffentliche Unterstützung.

Aufkauf nach Streit

Der Übernahme der Firma Seeflair zum 1. April 2012 durch die BSB war ein harter Konkurrenzkampf vorausgegangen, mit teils aggressiver Werbung an der Mole von Uhldingen.

Der frühere Seeflair-Eigner Fritzsch war vor Gericht gezogen, wie der Pressesprecher des Landgerichts Konstanz auf Anfrage mitteilt, weil der kleine Betrieb Seeflair Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln durch den großen Betrieb BSB erkannt habe. Letztlich hätten sich die streitenden Parteien 2009 in einem Vergleich darauf geeinigt, aggressives Abwerben der Kunden gegenseitig zu unterlassen. BSB-Geschäftsführer Frommer zu der Auseinandersetzung: „Durch das Urteil wurde ein gutes Miteinander sichergestellt und bestehende Unklarheiten beseitigt. Daraus entwickelte sich zwischen der Firma Seeflair und den Bodensee-Schiffsbetrieben eine gute Partnerschaft, die letztlich zum Kaufangebot an die BSB geführt hat.“

(Stefan Hilser/Südkurier v. 31.07.12)

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